Sonntag, 23. August 2015
Die Export-Lüge
Nicht erst seit Beginn der Wirtschaftskrise Ende des letzten Jahrzehnts predigen die Regierungen in Europa, allen voran die deutsche, wie wichtig der Export sei. Das ist nicht ganz falsch. Eine Welt ohne Im- und Export will und kann ich mir nicht vorstellen. Deutschland hat kaum Rohstoffe und Rooibos wächst nur in einer bestimmten Region Südafrikas. Dafür haben wir das Auto erfunden und haben auch heute noch mit die besten Ingenieure (das gilt zumindest für die umweltzerstörende Oberklasse). Dagegen ist prinzipiell nichts zu sagen. Das hat alte Tradition. Bereits mit der Domestizierung einiger Tierarten und der Erfindung des Ackerbaus war es möglich mit relativ geringem Mehreinsatz Mehrmengen zu produzieren um diese dann mit anderen zu tauschen. Am Anfang tauschte man Güter oder Dienstleistungen gegen andere Güter oder Dienstleistungen. Dadurch war der Wert der einzelnen Positionen schwierig zu bewerten. Später folgte das Münz- und Papiergeld, was es vereinfachte einen vergleibaren Wert darzustellen. Um einen Preis hoch zu treiben half auch damals schon eine gute Konstellation von Angebot und Nachfrage. Traurigerweise waren auch vor tausenden von Jahren Güter, die nicht essentiell waren, wie Schmuck und schöne Kleider, eine perfekte Wertanlage. Lebensmittel hingegen waren meist eher unterbewertet.
Wer also hatte oder hat was viele andere haben wollen, hat eine gute Ausgangsmöglichkeit reich zu werden. Das gilt früher wie heute. Nun klingt es so, als sei hiermit alles bestätigt, was wir Tag für Tag von Regierungen und Medien als bare Münze verkauft bekommen. So einfach ist es nicht.
Jede Medaille hat eine Kehrseite.
Export muss sich wie jeglicher Handel lohnen. Hierfür ist es zwingend notwendig, dass der gezahlte Preis höher ist, als der eigentliche Wert inklusive aller nachgelagerten Kosten, wie z. B. Fracht usw. Diese Differenz nennt man gemeinhin Gewinn. Diese werden heutzutage fast weltweit privatisiert, indem weite Teile des Staatseigentum veräußert werden. Auf der anderen Seite des Handels wird ein zu hoher Preis bezahlt, was sich auf eine Bilanz auf Dauer als Verlust auswirkt. Verluste werden heutzutage weltweit immer öfter sozialisiert, indem Staaten angeschlagenen Großkonzernen unter die Arme greift. Das bedeutet, der Staat trägt das Risiko. So zum Beispiel massenhaft während der Bankenkrise 2008 geschehen. Jahrzehntelang strichen die Bank und deren Eigentümer dicke Gewinne ein, werden dann aber Verluste gemacht, sind die Gewinner von einst nicht bereit dafür einzustehen.
Sind die Gewinne aus Exporten höher als die Verluste aus Importen so macht eine Nation unter dem Strich Gewinn. Herzlichen Glückwunsch!
Aber was ist hierfür der Preis?
Stellt man sich vor unser Planet sei in zwei Nationen geteilt. Der Handel floriert und eine der beiden Nationen hat seit Jahren eine Exportüberschuss, sowohl in Sachen Umsatz als auch beim Gewinn. Im Gegenzug bedeutet dies, dass die zweite Nation jährlich einen Verlust ausweisen muss. So erreicht man zwar, dass die stärkere Nation ihren Wohlstand immer weiter ausbauen kann, die zweite Nation jedoch wird immer ärmer, der Abstand beider Länder wächst und es entsteht ein Abhängigkeitsverhältnis. In dem wir seit vielen Jahren unter den Top 5 Exporteuren weltweit sind und beinahe immer einen Exportüberschuss erzielen, pumpen wir weniger Geld in die Welt, als die Welt in uns, was einen Verlust der restlichen Welt darstellt. Natürlich gibt es auch andere Länder die einen Exportüberschuss erzielen. Der Verlust wird also auf die ärmeren Länder ausgelagert.
In dem wir uns auf den Export fokussieren, verschlechtern wir Jahr für Jahr die Situation der ärmsten Länder. Zudem kennt die Exportgier der meist westlichen Welt keine Grenzen. So ist es ein legitimes Mittel funktionierende Industrien, wie zum Beispiel die Textil- oder Tiermastindustrie in Afrika in den Ruin zu treiben indem man unsere getragenen Kleider oder Geflügelreste für einen Bruchteil des eigentlichen Preises exportiert. Gutgläubig verwertet der Durchschnittsdeutsche seine nicht mehr benötigte Kleidung im Altkleidercontainer. Ein Teil davon legt schon wenige Wochen später in Afrika an Land an. Natürlich kann kein Afrikanischer Hersteller, der Löhne bezahlen muss, seine Produkte so billig anbieten, wie ein Europäer, dessen Kosten fast ausschließlich aus der Fracht bestehen. So haben wir in wenigen Jahren mehrere Tausend Jobs vernichtet. Das ist nämlich ein wichtiger Aspekt des Exportes.
Kurz gesagt: Export ist wichtig und hat seine Berechtigung. Er sollte jedoch nicht als Antrieb für unserer Wirtschaft betrachtet werden, sondern vielmehr als Garantie für einen weltweiten Wohlstand und Frieden.

Vielleicht können wir ein Bewusstsein für solche Themen schaffen, empfiehlt uns weiter, denn es gilt…

Politik sind wir alle, jeden Tag!

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